Über den Gipfeln ist Ruh
Stille statt dröhender Ski-Bar-Musik, Theater statt Nachtklubs: Im kleinen Malbun wird Gemächlichkeit grossgeschrieben.
Der Mann, dem sich meine Familie heute anvertraut, versteht etwas von Spass: Im echten Arbeitsleben konstruiert er Achterbahnen, heute aber ist Bruno unser Skilehrer. Er arbeitet während seinen Ferien für die Schneesportschule Malbun. «Seid ihr bereit?» fragt er. Und wie!
Über uns kreist ein Schwarm Bergdohlen. Wir hören ihr Rufen, Kindergelächter und übermütiges Kreischen von Schlittenfahrern. Keine Skibar-Schrummel-Musik, keinen Verkehrslärm – wie angenehm! Unsere Skier mussten wir nur gerade mal über den Vorplatz des Familienhotels Gorfion tragen: «Ski-in, Ski-out»: So wirbt das Haus, in dem wir wohnen. Bequemer geht’s nicht.
Allerkleinste machen vor dem Gorfion ihre ersten Rutschversuche auf zwei Brettern. Asiatische Touristinnen wagen es ebenso. Ob die wohl wissen, dass hier Skistars wie Tina Weirather und Marco „Büxi“ Büchel Skifahren gelernt haben?! Die Fähigkeiten unserer Kinder sind auf Blaue-Rote-Piste-Niveau; die Technik meines Mannes stammt noch aus Vor-Carving-Zeiten. Heute wollen sich die drei mit Brunos Hilfe neue, bessere Fahrweisen aneignen.
Bruno fährt mit ihnen los, vorbei am «Malbi-Park», dem Ski-Paradies für Anfänger: Hier lassen sich bunt eingepackte Wichtel von einem Ski-Karussel, Ponylift und überdachten Förderband herumziehen. Im «Windel-Wedel-Kurs» lernen bereits Vierjährige wie Skifahren heutzutage geht: Vielseitiger, verspielter und sicherer als zu meinen Zeiten.
Ich winke meiner Familie nach und spaziere durchs Dorf. In der «Malbuner Stubä» duftet es nach frischem Brot und Kaffee. Hier kauft man als Souvenir den echten «Malbuner»-Rohschinken. Weiter unten im Ort drehen Schlittschuhläufer ihre Runden. Nebenan ziehen Väter ihre kleinen Abenteurer zu einer Schlittenbahn. An den Fassaden des Alpenhotels Vögeli betrachte ich übergrosse, alte Schwarz-Weiss-Aufnahmen der «Pioneers of Malbun»: 1907/1908 wurde dieses Hotel als «Kurhaus und Touristenstation» eröffnet. Damit begann der Tourismus in Malbun. Sachte entwickelte sich der Ort zum beliebtesten Ski-Gebiet in Lichtenstein. Wohl setzt er heute moderne Sechser-Sesselbahnen und bei Bedarf auch Beschneiungsanlagen ein, aber ein Stück Nostalgie hat er sich bewahrt. Statt lauter Nachtclubs setzt man hier noch lieber auf tägliche Kindertheateraufführung. Abends, im Mondschein, schlitteln Kinder noch unbegleitet über die Dorfstrassen.
Passend zur familienfreundlichen Stimmung finde ich auch die Menü-Karte im Alpenhotel: Sie führt auch einige Gerichte speziell für Senioren auf, etwa Liechtensteiner Zwiebelrostbraten mit Kartoffelstock. Wie sympathisch: Hier in Malbun darf man getrost klein, alt, langsam sein. Auch fällt auf, dass in gewissen Hotels Rollstühle für behinderte Skifahrer bereitstehen, dass das Skiliftpersonal handicapierten Passagieren aufmerksam zur Seite steht und wir auf einer blauen Piste eine Gruppe geistig behinderter Skischüler sehen. Ungewohnt im Vergleich zu grossen Skigebieten ist auch die Ruhe in der Höhe: Auf der Sonnenterrasse des Berggasthauses Sareis sind morgens um elf noch sämtliche Liegen frei – und das in der Hochsaison!
Am Nachmittag flitzen wir zu viert über die Pisten. Bruno hat seinen drei höchst unterschiedlichen Skischülern inzwischen mit Humor und Einfühlsamkeit neue Schwünge beigebracht. Wir fahren so lange, bis wir uns bloss noch zum Wellness-Bereich unseres Hotels schleppen können. Im Kinderhütedienst neben dem Spa herrscht fröhliches Gewusel. Es ist hier phantasievoller eingerichtet als in mancher Kinderkrippe. Ein jugendlicher Kinderbetreuer begrüsst uns mit Schalk in den Augen. Man ahnt es: Auch er versteht etwas von Spass.
Da unsere Kinder aus dem Hütedienst-Alter heraus sind, begeben wir uns gemeinsam zum Restaurant: Die Kids bedienen sich ruck-zuck am Kinder-Buffet; wir Erwachsenen geniessen ein 5-Gang-Gala-Dinner. Jeder in seinem Tempo, jeder nach seinem Geschmack. Ganz gemächlich. Eben nach Malbuner Art.
BOX
Eisturm-Party: Am 16. Februar 2019 feiert Malbun bei seinem Eiskletterturm die 10. Ice-Night: Mit Wettkämpfen, Jubiläums-Party und ganztägigem Rahmenprogramm. Für selbständige Kletterer mit eigenem Material ist der Kletterturm permanent zugänglich. Mehr Infos. Anfahrt: Malbun liegt in Lichtenstein auf 1600 Höhenmetern. Mit Auto: Von der Innerschweiz via Zug bezw. von Bern/Basel her via Zürich in 2 bis 2,5 Stunden auf der A3 Richtung Chur. Am Autobahnkreuz 11-Sarganserland auf E43/A13 Richtung St. Gallen und Vaduz. Via Triesenberg nach Malbun. Ab St. Gallen via A1/A13 eine Stunde nach Malbun. Mit ÖV: Mit der SBB bis nach Sargans, dann mit Bus Nr. 11 bis Vaduz Au, weiter mit Bus Nr. 21 bis Malbun Zentrum.
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