Leseproben und Projektbeschriebe

Der Goldbrenner

Sein gebranntes Wasser gewinnt die höchsten Prämierungen. Urs Hecht veredelt Schweizer Fruchtbrand zu limitierten Barrique-Destillaten. Ein Hohelied auf die lokale Obstbaumtradition.

Einer wie Urs Hecht, der von seinen Produzenten tausend Kirschenbäume pflanzen lässt, denkt weit. Denn Hochstammsorten wie etwa die Lauerzer Kirsche liefern erst nach etwa zwanzig Jahren volle Erträge. Dafür können sie aber auch gut über 120 Jahre alt werden. „Ein Kirschbaum wird über mehrere Generationen hinweg gepflegt, er ist eine Investition in die Zukunft“, sagt der dreifache Vater Urs Hecht, der seine Brennerei im Luzernischen Gunzwil in der dritten Generation führt.

Mit seinem Engagement für lokale Erzeugnisse hat er einen Weg gefunden, um alte Obstsorten als Kulturerbe zu bewahren. Mittels Abnahmeverträgen mit den Bauern und fairen Preisen sichert er eine nachhaltige Wertschöpfung und den Erhalt einheimischer Sorten: Selten gewordene Äpfel wie die Berner Rose, alte Birnen- und Kirschensorten aus der Innerschweiz oder auch sonnengereifte Aprikosen aus dem hintersten Wallis: Sie finden in Urs Hecht einen modernen Traditionalisten, der pro Jahr eine halbe Million Kilo Früchte zu 65 verschiedenen Fruchtbränden verarbeitet.

Dabei ist ein strenger Prüfer der angelieferten Ware. „Einmal kam ein Bauer mit einigen Harrassen unterernährter Äpfeln bei uns an und staunte, als ich ihm sagte, sein Baum sei wohl seit zehn Jahre nicht beim Coiffeur gewesen“, Urs Hecht lacht über seinen Vergleich, fügt dann aber ernst hinzu, dass ein Obstbaum regelmässige Pflege verlange, um saftig und gesund zu bleiben. Von seinen Produzent erwarte er Leidenschaft für deren Obstgewächse; er spüre es, wenn dies vorhanden sei – für ihn sei echtes Engagement Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit, schliesslich sei das Obst der Anfang in der Qualitätskette.

Dabei verarbeiten die Gunzwiler Destillate ausschliesslich Schweizer Obstsorten, deren „perfekt ausgereiften“ Reifezeitpunkt Urs Hecht selbst bestimmt. Auch anschliessend überwacht er jeden Arbeitsschritt persönlich: Von der Ernte, über das Einmaischen des Obstes, den Brennprozess, die Lagerung, das Marketing und den Verkauf im eigenen Ladenlokal sowie bei den Abnehmern in der Luxushotellerie und -Gastronomie. Er tauscht sich mit jeden seiner Obstproduzenten persönlich aus, genauso wie er seine Kunden regelmässig besucht: „Diese Beziehungen sind über Jahrzehnte gewachsen“, sagt Hecht, „unser Erfolg ist auf der Basis von Qualität und Vertrauen gewachsen“.

Sein Metier kennt er von Kindesbeinen an. Im Jahre 1984 übernahm der damals 21-Jährige die fahrbare Lohnbrennerei seines Vaters. Nach dem frühen Tod seines Vaters galt für ihn die Devise: “Friss oder stirb“. Hecht zauderte nicht, nahm Kredite auf, zahlte die Erbengemeinschaft aus und investierte in die Modernisierung der Gunzwiler Destillate – obschon landesweit der Verkauf von gebrannten Wassern rückläufig war, baute er die gewerbliche Produktion von Destillaten auf und gliedert den Verkauf von Eigenbränden an.

Mit Erfolg: Urs Hecht hat in der Schweiz inzwischen ein konkurrenzlos hohes Niveau erreicht und dem Fruchtbrand zu einem neuen, edlen Ansehen verholfen. Seit der Gründung der Distisuisse im Jahr 1999, einem Verein zur Qualitätsförderung von Spirituosen, wurde Hecht bei dessen Edelbrandprämierungen regelmässig zum «Brenner des Jahres» und «Goldbrenner» gekürt. Die Fachzeitschrift „Vinum“ schreibt, dass seine Philosophie mit der eines Spitzenwinzers vergleichbar sei und nennt ihn „einen Roger Federer der Schweizer Brennerszene“. Weiter schwärmt die Fachzeitschrift er besitze „die Nase eines Parfümeurs, den Gaumen eines Gourmetkochs und die geschickte Hand des erfahrenen, kompromisslosen Profis“.

So reicht denn auch seine Fangemeinde über die Landesgrenzen hinaus: Abnehmer in Stuttgart, München oder Kitzbühl freuen sich über neue Lieferungen oder auch über die Schulung der Sommeliers, die Urs Hecht regelmässig in Hotels durchführt.

Nun will er nun seine im Jahr 2009 lancierte, exklusive Luxus-Linie mit Bränden von alten, fast vergessenen Sorten erweitern. Im September 2013 wird er mit acht neuen auf 60 Flaschen limitierten Fruchtbränden aufwarten: Klare, naturbelassene destillierte Brände, die er ihm Stahltank hat reifen lassen.

Welche Obstsorten dafür verwertet wurden, will Hecht noch nicht verraten. Denn einer, der weiss, dass die Zeit ihre ganz eigene Qualität hat, kann ein solches Betriebsgeheimnis getrost noch einige Monate für sich behalten.

Gabriela Bonin | Copyright 2018 | Impressum | DatenschutzAGB | Sitemap